Urtenen-Schönbühl hat sich in den letzten 15 Jahren strukturell unvorteilhaft entwickelt. Der harmonisierte Steuerertragsindex fiel von 112.5 im Jahr 2002 auf 96.6 im Jahr 2018. Seit dem Jahr 2012 bezieht die Gemeinde Zahlungen aus dem kantonalen Lastenausgleich. Nun drohen Steuererhöhungen. Es ist Zeit für eine politische Wende.

Der harmonisierte Steuerertragsindex (HEI) misst die Steuerertragskraft der Berner Gemeinden. Er liegt der Verteilung der Mittel aus dem kantonalen Lastenausgleich zugrunde. Gemeinden mit einem Index über 100 zahlen in den Lastenausgleich ein (Nettozahler), solche mit einem Index unter 100 hingegen beziehen Leistungen aus ihm (Nettoempfänger).

Die Situation von Urtenen-Schönbühl im Jahr 2002 war komfortabel: Die Steuerertragskraft war überdurchschnittlich hoch, mit 112.5 fiel der HEI deutlich höher als im Amtsbezirk Fraubrunnen (98.3), zu welchem Urtenen-Schönbühl damals gehörte. Wie Abbildung 1 zeigt, verschlechterte sich die relative Steuerertragskraft von Urtenen-Schönbühl in der Folge allerdings fortlaufend: Im Jahr 2012 bezog die Gemeinde zum ersten Mal Leistungen aus dem kantonalen Lastenausgleich. Der HEI fiel bis 2015 weiter und verharrt seitdem auf tiefem Niveau. Zum Vergleich: Der HEI des Verwaltungskreises Bern-Mittelland, zu welchem Urtenen-Schönbühl gehört, betrug im Jahr 2018 117.2.

Diese negative Entwicklung ist ärgerlich, da die Ausgangslage von Urtenen-Schönbühl sehr gut war: Hervorragende Verkehrsanbindung, ausgezeichnete Einkaufsmöglichkeiten und schöne Wohnlagen. Tatsächlich war die Entwicklung nicht naturgegeben, wie auch das Beispiel Moosseedorf zeigt: Unsere Nachbargemeinde steigerte ihren HEI in der gleichen Periode von 102.3 auf 106.6.

Die verfügbaren Daten legen den Schluss nahe, dass die unvorteilhafte Entwicklung auf eine wenig vorausschauende Raumplanungspolitik zurückzuführen ist. Abbildung 2 zeigt einen starken negativen Zusammenhang zwischen dem Bevölkerungswachstum und dem harmonisierten Steuerertragsindex: Zwischen 2002 und 2018 nahm die Einwohnerzahl von Urtenen-Schönbühl um 17.5% zu, der HEI nahm hingegen um 14.1% ab. Es muss gefolgert werden, dass das Bevölkerungswachstum von Urtenen-Schönbühl nicht nachhaltig war. Es wurde zu stark auf kostengünstigen Wohnraum gesetzt und zu wenige hochpreisige Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser gebaut, welche gute Steuerzahler angezogen hätten.

Die Erosion der Steuerkraft bleibt für die Bürger von Urtenen-Schönbühl nicht folgenlos: An der Gemeindesversammlung vom 3. Dezember 2019 stellte der Gemeinderat eine Steuererhöhung in Aussicht. Auf diese soll vor dem Hintergrund der Corona-Krise nun zwar vorläufig verzichtet werden. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Eine Steuererhöhung kann das strukturelle Problem von Urtenen-Schönbühl jedoch nicht lösen, im Gegenteil: sie verstärkt es sogar. Denn eine Steuererhöhung verschlechtert die Standortattraktivität, reduziert die Wahrscheinlichkeit des Zuzugs von guten Steuerzahlern und übt Druck auf die Mietpreise aus, was den Zuzug von Personen und Familien begünstigt, die keine oder kaum Steuern bezahlen.

Es droht ein Teufelskreis aus Steuererhöhungen und erodierendem Steuerertrag pro Kopf. Vor diesem Hintergrund fordert die glp Urtenen-Schonbühl:

  • In den nächsten drei Legislaturen ist der Fokus auf eine Steigerung der Steuerertragskraft zu legen. Es ist ein HEI zwischen 105 und 110 anzustreben. Bauprojekte sollen nur noch bewilligt werden, wenn sichergestellt ist, dass sie die Steuerertragskraft pro Kopf nachhaltig steigern. Die Zonenplanrevision muss auf dieses Ziel hin überarbeitet werden.
  • Als Alternative zu der angekündigten Steuererhöhung ist eine Ausgabensenkungspaket zu schnüren – auf der Grundlage einer umfassenden Aufgabenüberprüfung: Ausgaben mit zweifelhaftem Nutzen sind zu streichen. Bei unverzichtbaren Aufgaben sind systematisch die Möglichkeiten einer effizienteren Leistungserbringung zu prüfen. Danach sollen die Bürger von Urtenen-Schönbühl im Rahmen einer Urnenabstimmung entscheiden, ob die Ausgaben gesenkt oder die Steuern erhöht werden sollen.

Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, hat sich die glp Urtenen-Schönbühl für die Gemeinderatswahlen vom 29. November 2020 mit der EVP, FDP, BDP und CVP zur ALLIANZ DER MITTE verbündet. Die Gemeindepolitik kann nicht mehr länger der SP und der SVP überlassen werden. Wohin dies führt, haben wir gesehen.