Der Lastenausgleich „Sozialhilfe“ stellt die Solidarität zwischen den Gemeinden sicher: Gemeinden mit einer hohen Sozialhilfequote haben nicht höhere Sozialhilfeausgaben zu tragen als solche mit einer tiefen Sozialhilfequote. Das Problem: Der Lastenausgleich reduziert den Anreiz der Gemeinden, die Sozialhilfe kosteneffizient zu vollziehen. Diesem Problem will der Grossrat mit einem Selbstbehalt beim Lastenausgleich „Sozialhilfe“ begegnen, der im Rahmen der bevorstehenden Revision des Sozialhilfegesetzes (SHG) umgesetzt werden soll. Meine Analyse zeigt: Der geplante Selbstbehalt wird das anreizökonomische Problem des Lastenausgleichs nicht lösen können, weil er zu unpräzise wirkt. Es gibt bessere Regulierungsmöglichkeiten.
Im Kanton Bern gibt es Gemeinden mit sehr hohen Sozialhilfeausgaben und solche mit sehr tiefen. In Biel zum Beispiel betrugen die Sozialhilfeausgaben im Jahr 2022 rund 1’050 Franken pro Kopf der Bevölkerung, in Muri demgegenüber nur 330 Franken. Der Lastenausgleich «Sozialhilfe» stellt sicher, dass die Einwohner:innen von Biel nicht höhere Sozialhilfeausgaben zu tragen haben als die Einwohner:innen von Muri, die Einwohner:innen von Urtenen Schönbühl nicht höhere als jene von Mattstetten.
Anreizprobleme des Lastenausgleichs
Neben den finanzpolitischen Vorteilen für strukturschwache Gemeinden hat der Lastenausgleich «Sozialhilfe» vor allem den Vorzug, dass er die Anreize des «Abstossungswettbewerbs» zwischen den Gemeinden stark reduziert: Da die Gemeinden ihre Sozialhilfeausgaben in den Lastenausgleich einbringen können, reduziert sich ihr Anreiz, Massnahmen zu ergreifen, die darauf abzielen, dass Sozialhilfebeziehende die Gemeinde verlassen (oder sich dort erst gar nicht ansiedeln) — zum Beispiel, indem sie die Mietzinsrichtlinie derart tief ansetzen, dass Sozialhilfebeziehende einen Teil ihres Mietzinses aus dem Grundbedarf finanzieren müssen, so dass ihnen weniger Geld für die Deckung ihrer anderen Grundbedürfnisse (Nahrung, soziale Teilhabe etc.) zur Verfügung steht. Zu bemerken ist hier, dass der Lastenausgleich diese Anreize zwar reduziert, sie jedoch nicht komplett eliminiert: Zum einen verursachen Sozialhilfebeziehende Kosten, welche nicht in den Lastenausgleich eingebracht werden können, z.B. Kosten der Schulsozialarbeit oder der Jugendarbeit. Zum anderen bezahlen Sozialhilfebeziehende keine oder fast keine Steuern, so dass den Gemeinden zur Deckung ihrer Ausgaben, z.B. denjenigen für die Bewirtschaftung des Schulraums, weniger Einnahmen zur Verfügung stehen.
Die Kehrseite dieser Medaille ist jedoch, dass der Lastenausgleich zugleich den Anreiz der Gemeinden reduziert, die Sozialhilfe wirtschaftlich und wirksam zu vollziehen: Wenn die Sozialdienste nicht wirksam und wirtschaftlich arbeiten — wenn sie z.B. ihre Aufgaben im Bereich der Reintegration vernachlässigen oder aber zu grosszügig situationsbedingte Leistungen (SIL) ausschütten — , dann können Sie den daraus resultierenden Schaden (höhere Sozialhilfeausgaben) in den Lastenausgleich eingeben und damit den anderen Gemeinden (und dem Kanton) aufbürden. Das ist das anreizökonomische Problem des Lastenausgleichs.
Das Bonus-Malus-System
Aus diesem Grund wurden in das Sozialhilfegesetz im Jahr 2012 eine Regelung eingeführt, die ein sogenanntes «Bonus-Malus-System» vorsah. Die Idee dieses Systems war, dass Sozialdienste, die überdurchschnittlich kosteneffizient arbeiten, einen Bonus erhalten und solche, die unterdurchschnittlich kosteneffizient arbeiten, einen Malus bezahlen müssen.
Dem System lag ein ökonometrisches Regressionsmodell zugrunde, mit welchem die strukturell bedingten Sozialhilfeausgaben geschätzt wurden, d.h. die Sozialhilfeausgaben einer Gemeinde, die sich aus den strukturellen Voraussetzungen der Gemeinde ergeben und durch die (Qualität der) Arbeit des Sozialdiensts nicht beeinflusst werden können. Für die Schätzung dieses strukturellen Teils der Sozialhilfeausgaben berücksichtigte das Modell vier Strukturvariablen: den Ausländeranteil, den Anteil der Bezüger:innen von Ergänzungsleistungen, den Anteil von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen sowie die Lehrwohnungsziffer. Zu bemerken ist, dass allein diese vier Strukturvariablen rund 80 Prozent der Unterschiede zwischen den Gemeinden in Bezug auf die Sozialhilfeausgaben (pro Kopf der Bevölkerung) erklären.
Das Modell geht davon aus, dass die Differenz zwischen den derart geschätzten strukturellen Sozialhilfeausgaben und den effektiven Sozialhilfeausgaben einer Gemeinde das Ergebnis (der Qualität) der Arbeit des Sozialdienstes ist: Sind die effektiven Sozialhilfeausgaben höher als die geschätzten strukturell bedingten Sozialhilfeausgaben, wird gefolgert, dass der Sozialdienst unterdurchschnittlich wirksam und kosteneffizient arbeitet. Sind die effektiven Sozialhilfeausgaben tiefer als die geschätzten strukturell bedingten Sozialhilfeausgaben, wird dies dahingehend interpretiert, dass der Sozialdienst überdurchschnittlich wirksam und kosteneffizient arbeitet. Das Bonus-Malus-System sah nun vor, dass Gemeinen einen Malus bezahlen müssen, wenn ihre effektiven Sozialhilfeausgaben mehr als 30 Prozent höher sind als die geschätzten strukturell bedingten Sozialhilfeausgaben, und einen Bonus erhalten, wenn ihre effektiven Sozialhilfeausgaben mehr als 30 Prozent tiefer sind als die geschätzten strukturell bedingten Sozialhilfeausgaben.
Eine Gemeinde, die einen Malus hätte bezahlen müssen, reichte gegen den diesbezüglichen Entscheid Beschwerde ein. Im Rahmen dieses Beschwerdeverfahrens wurde das Bonus-Malus-System von Prof. Lutz Dümbgen und Prof. em. Werner Stahel vom Institut für Mathematische Statistik und Versicherungslehre der Universität Bern begutachtet. In ihrem ausgezeichneten und differenzierten Gutachten kamen die Herren Professoren zum Schluss, dass die Methodik, die dem Modell zugrunde liegt, geeignet ist, potentiell herausragende Sozialdienste (im positiven oder negativen Sinne) zu erkennen. Sie wiesen jedoch darauf hin, dass eine automatische Beurteilung der Kosteneffizienz eines Sozialdienstes, inklusive direkter Festsetzung von Boni oder Mali problematisch ist. Dies insbesondere, weil davon auszugehen ist, dass es weitere wichtige strukturelle Variablen wie zum Beispiel der «Anteil der Alleinerziehenden in der Bevölkerung» gibt, welche die Höhe der Sozialhilfeausgaben beeinflussen, im Modell jedoch nicht berücksichtigt werden konnten (wegen mangelnder Datenverfügbarkeit). Dies führt letztlich dazu, dass nicht in jedem Fall davon ausgegangen werden kann, dass die Differenz zwischen den geschätzten strukturell bedingten Sozialhilfeausgaben und den effektiven Sozialhilfeausgaben das Ergebnis der Kosteneffizienz eines Sozialdienstes ist. Wird z.B. der Anteil der Alleinerziehenden bei der Schätzung der strukturellen Sozialhilfeausgaben nicht berücksichtigt, werden die strukturell bedingten Sozialhilfeausgaben bei Gemeinden mit einem hohen Anteil Alleinerziehender systematisch unterschätzt.
Die Gutachter wiesen zudem daraufhin, dass vergleichbare Modelle etwa bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung von Ärzten:innen verwendet werden, jedoch im Sinne eine Screening-Instruments zur Identifikation von potentiell zu teuren Ärzten:innen, bei denen dann in einem nachgelagerten Schritt detaillierte Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorgenommen werden. Entsprechend haben sie (zumindest implizit) empfohlen, das Modell im Sinne eines Screenings-Instruments weiterzuentwickeln und von einer direkten Festsetzung von Boni und Mali zu entkoppeln. Vor dem Hintergrund dieses Gutachtens hiess die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) die Beschwerde der Gemeinde gut und der Regierungsrat hob das ganze Bonus-Malus-System auf. Dieser Entscheid des Regierungsrats wurde vom kantonalen Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17. August 2022 bestätigt, nachdem 28 Berner Gemeinden, die in den Genuss eines Bonus hätten kommen sollen, gegen den Entscheid des Regierungsrates rekurrierten. Damit war das Bonus-Malus-System politisch und juristisch endgültig erledigt.
Selbstbehalt im Lastenausgleich
Die Antwort der Politik auf die Aufhebung des Bonus-Malus-System durch den Regierungsrat liess nicht lange auf sich warten. Am 3. Juni 2019 reichten fünf Grossrät:innen als Reaktion auf das Scheitern des Bonus-Malus-Systems die Motion «Selbstbehalt setzt wirksame Anreize bei der wirtschaftlichen Sozialhilfe» (Vorstoss-Nr. 131-2019) ein. Dieser Vorstoss sieht vor, dass die Gemeinden mindestens 5 und maximal 20 Prozent der lastenausgleichsberechtigten Kosten der wirtschaftlichen Sozialhilfe nicht mehr in den Lastenausgleich einbringen können und diese selbst zu tragen haben, wobei der Selbstbehalt «mittels eines Soziallastzuschusses abgefedert (je nach Höhe ihrer Soziallast erhält die Gemeinde einen Zuschuss)» werden soll. Der Vorstoss wurde dabei anreizökonomisch begründet. In der Herbstsession 2019 wurde die Motion vom Grossrat mit 85 zu 68 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Die GSI plant, die Motion im Rahmen der Revision des Sozialhilfegesetzes umzusetzen, zu welcher noch dieses Jahr die Vernehmlassung eröffnet werden soll.
Bei diesem Vorschlag handelt es sich zweifellos um eine sehr schlechte Form der Anreizregulierung. Vor allem deshalb, weil die Sozialhilfeausgaben zum grössten Teil strukturell bedingt sind. Wie weiter oben ausgeführt, erklären allein die vier Strukturvariablen «Ausländer:innenanteil», «Anteil der Bezüger:innen von Ergänzungsleistungen», «Anteil von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen» und «Lehrwohnungsziffer» rund 80 Prozent der Unterschiede zwischen den Gemeinden in Bezug auf die Sozialhilfeausgaben. Wahrscheinlich beträgt der Anteil der Sozialhilfeausgaben, die durch die (Qualität der Arbeit) eines Sozialdienstes beeinflusst werden können, im Durchschnitt über alle Gemeinden deutlich weniger als 10 Prozent. Ein Selbstbehalt bei der Sozialhilfe würde letztlich dazu führen, dass Gemeinden mit überdurchschnittlich hohen Sozialhilfeausgaben pro Kopf der Bevölkerung einen Malus bezahlen müssen, Gemeinden mit unterdurchschnittlich tiefen Sozialhilfeausgaben hingegen einen Bonus erhalten — unabhängig davon, ob der Sozialdienst wirksam und kosteneffizient arbeitet. Da mindestens 90 Prozent der Sozialhilfeausgaben strukturell bedingt sind, würde der Bonus und der Malus damit zu mindestens 90 Prozent nicht mehr von der Wirksamkeit und Kosteneffizienz der Arbeit der Sozialdienste abhängen. Die Anreizwirkung eines Selbsbehalts beim Lastenausgleich wäre deshalb äusserst unpräzise oder könnte — wie wir weiter unten ausführen werden — sogar gänzlich verfehlt werden.
Der geforderte Selbstbehalt beim Lastenausgleich lässt sich also als Bonus-Malus-System verstehen, das davon ausgeht, dass der strukturell bedingte Anteil der Sozialhilfeausgaben Null Prozent beträgt. Auch die Motionär:innen scheinen sich dieser Absurdität bewusst gewesen zu sein, weshalb sie den Selbstbehalt mit «Soziallastzuschüssen» abfedern wollen. «Soziallast» ist dabei ein — reichlich nebulöser — Begriff für strukturelle Rahmenbedingungen, die sich erhöhend auf die Sozialhilfeausgaben auswirken (Ausländer:innenanteil etc.). Die Umsetzung einer solchen Abfederung würde eine quantitative Abschätzung der «Soziallast» auf die Sozialhilfeausgaben voraussetzen — also genau das, was im im Rahmen des ökonometrischen Modells, das dem gescheiterten Bonus-Malus-Modells zugrunde lag, gemacht wurde.
Wohlwollend könnte man einwenden, dass der Selbstbehalt die Gemeinden mit hohen Sozialhilfeausgaben dem Anreiz aussetzt, ihr Problem ursächlich anzugehen, d.h. direkt auf die Strukturvariablen einzuwirken. Die Gemeinden könnten zum Beispiel Massnahmen ergreifen, die darauf abzielen, den Ausländer:innenanteil oder den Anteil der Alleinerziehenden zu reduzieren. Hier gibt es jedoch verschiedene Probleme (wir abstrahieren hier von der ethischen Problematik derart begründeter Massnahmen):
- Erstens sind die diesbezüglichen Möglichkeiten der Gemeinden sehr begrenzt, sie dürften sich auf Massnahmen im Bereich der Raumplanung beschränken (insbesondere: Verzicht auf Einzonen von wenig attraktiven Wohnlagen).
- Zweitens ist zweifelhaft, ob solche Massnahmen überhaupt wohlfahrtssteigernd sind. Zum Beispiel sei angenommen, Urtenen-Schönbühl könnte Massnahmen ergreifen, die zu einer Reduktion des Ausländeranteils führen. Die Ausländer:innen verschwinden dadurch aber nicht. Möglicherweise würden sie sich dann einfach in Mattstetten, Bäriswil oder Jegenstorf niederlassen. Was wäre dann genau der gesellschaftliche Wert eines solchen Nullsummenspiels?
- Drittens entfalten Massnahmen, die auf die strukturellen Rahmenbedingungen einwirken, ihre Wirkung nur sehr langfristig, wir sprechen hier von Jahrzehnten und nicht von Jahren. Es ist deshalb davon auszugehen, dass Gemeinden, die aufgrund des Selbstbehalts finanziell unter Druck kommen, sich auf Massnahmen konzentrieren würden, die sich kurzfristig positiv auf die Gemeinderechnung auswirken. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Massnahmen, die darauf abzielen, dass weniger Sozialhilfebeziehende zuziehen und mehr Sozialhilfebeziehende die Gemeinde verlassen. Es ist deshalb absehbar, dass die Einführung eines solchen Selbstbehalts beim Lastenausgleich den eingangs erwähnten Abstossungswettbewerb zwischen den Gemeinden spürbar verstärken würde. Der Nutzen dieses Abstossungswettbewerbs ist gleich Null, der Schaden desselben werden die Sozialhilfebeziehenden, also die Schwächsten unserer Gesellschaft, zu tragen haben.
- Viertens können Gemeinden, die aufgrund des Selbstbehalts beim Lastenausgleich finanziell unter Druck kommen, aus finanzpolitischen Gründen gezwungen sein, Kosten in Bereichen ausserhalb der wirtschaftlichen Sozialhilfe zu reduzieren. Möglicherweise, indem sie auf die Wahrnehmung von Aufgaben verzichten, die sich mittel- und langfristig dämpfend auf die Sozialhilfeausgaben auswirken. Denkbar wäre z.B., dass eine Gemeinde aus finanziellen Gründen die Schulsozialarbeit, die Jugendarbeit oder Angebote der familienergänzenden Kinderbetreuung aufgeben müsste. Die Aufgabe solcher Angebote könnte in der Zukunft aber zu einer Zunahme der Sozialhilfeausgaben führen. In diesem Fall würde der Selbstbehalt die Anreizwirkung nicht nur komplett verfehlen, sondern sogar zum Gegenteil der intendierten Wirkung führen.
Sozialrevisorat
Der Kanton hat soeben das Sozialrevisorat eingeführt. Das Sozialrevisorat überprüft die Vollzugspraxis der Sozialdienste in Bezug auf Einhaltung des Gesetzesmässigkeitsprinzips, die Wirksamkeit und die Kosteneffizienz. Es handelt sich um eine klassische Kontrollregulierung. Es ist geplant, dass jeder Sozialdienst mindestens alle drei Jahre einmal kontrolliert wird. Es macht jedoch regulierungsökonomisch keinen Sinn, eine derartige Kontrollregulierung mit einer Anreizregulierung im Sinne eines Selbstbehalts beim Lastenausgleich zu kombinieren, wie folgendes Beispiel zeigt: Wird der Selbstbehalt beim Lastenausgleich eingeführt, wird sich dieser bei der Stadt Biel mit einer Sozialhilfequote von knapp 10 Prozent mit Sicherheit im Sinne eines Malus auswirken. Angenommen, das Sozialrevisorat prüft nun jedoch den Sozialdienst der Stadt Biel und kommt zum Schluss, dass dieser Sozialdienst hervorragend arbeitet, überdurchschnittlich wirksam und kosteneffizient ist. Dann hätten wir die Situation, dass eine Gemeinde einen Malus bezahlen muss, obwohl dessen Sozialdienst gemäss der Kontrollbehörde hervorragende Leistungen erbringt. Das wäre nicht nur grober regulierungsökonomischer Unfug, sondern schlicht Nonsens.
Better Regulation
Aus den bisherigen Ausführungen geht klar hervor, dass die Einführung eines Selbstbehalts beim Lastenausgleich aus regulierungsökonomischer, sozialpolitischer und finanzpolitischer Sicht abzulehnen ist. Es bleibt zu hoffen, dass der Grossrat im Rahmen der Beratung des revidierten Sozialhilfegesetzes zur Besinnung kommt und von einer derartigen fehlgeleiteten Anreizregulierung absieht. Die Ausgestaltung einer zielführenden Regulierung der Anreizprobleme, die mit dem Lastenausgleich verbunden sind, wurden im Gutachten zum Bonus-Malus-System skizziert: Das Bonus-Malus-System sollte im Sinne eines Screening-instruments weiterentwickelt werden. Auf der Grundlage dieses Screenings-Instruments könnte das Sozialrevisorat die Sozialdienste identifizieren, bei welchen es möglicherweise Probleme gibt. Ob Probleme tatsächlich bestehen, müsste das Sozialrevisorat im Rahmen einer eingehenden Prüfung der so identifizierten Sozialdienste unter Berücksichtigung der konkreten strukturellen Rahmenbedingungen der betroffenen Gemeinden analysieren. Sollte diese Prüfung wesentliche Verfehlungen offenlegen, könnte der betroffenen Gemeinden auf der Grundlage dieser vertieften Prüfung ein (berechtigter) Malus auferlegt werden
Ein solches Vorgehen würden auch Probleme, die mit der Kontrollregulierung im Sinne des Sozialrevisorats verbunden sind, lösen: Die Kosten der Kontrollen wären tiefer, weil nur Sozialdienste überprüft werden müssten, bei welchen die Wahrscheinlichkeit eines unwirksamen und kostenineffizienten Vollzugs hoch ist. Eine regelmässige Überprüfung aller Sozialdienste würde sich erübrigen. Dies ist umso relevanter, weil eine regelmässige Überprüfung aller Sozialdienste durch eine zentrale Stelle wie das Sozialrevisorat auch systemische Risiken birgt: Das Sozialrevisorat dürfte eine Vorstellung darüber haben, was unter einem kosteneffizienten und wirksamen Vollzug zu verstehen ist. Die Empfehlungen des Sozialrevisorats dürften deshalb dazu führen, dass die Unterschiede zwischen den Sozialdiensten hinsichtlich des Vollzugs abnehmen. Dies könnte sich negativ auf den «Wettbewerb als Entdeckungsverfahren» (Friedrich August von Hayek) und damit auf die Innovation auswirken.